Warum ist die Kinderbetreuung so teuer?

Kurz und Knapp

  • Alle Kindertageseinrichtungen (privat, freigemeinnützig, konfessionell) in NRW arbeiten unter ähnlichen Finanzierungsbedingungen.
  • Die Finanzierung von Kitas erfolgt durch das Land Nordrhein-Westfalen, die kommunalen Jugendämter und die einzelnen Einrichtungsträger.
  • Die Eltern zahlen durch die einkommensabhängigen Elternbeiträge unter 20% der kommunalen Kita-Ausgaben, wobei es gute Gründe für als auch gegen die Erhebung von Elternbeiträgen gibt.

Die Betreuung in Kindertageseinrichtungen kostet eine Menge Geld: Gebäude und Außenanlagen, Inneneinrichtungen, Strom, Heizung, Wasser, Personal und vieles mehr muss finanziert werden. Nach einer Rechnung des ehemaligen NRW-Finanzministers Norbert Walter-Borjans von 2016 kostet ein Kita-Platz in NRW durchschnittlich 830,- EUR pro Monat. Doch woher kommt das Geld dafür?

Finanzierungsbedingungen von Kindertageseinrichtungen

Die gesetzliche Grundlage für die Finanzierung bildet in Nordrhein-Westfalen das sogenannte KiBiz, das Kinderbildungsgesetz. Eine tragende Rolle spielt hierbei die Finanzierung durch die Kindspauschalen. Nach diesem System erhält jede Kindertageseinrichtung pro betreutem Kind einen pauschalen Geldbetrag, der sich nach der jeweiligen Gruppenform (Ü2 bis zur Einschulung, U3, Ü3) und der wöchentlichen Betreuungszeit (25, 35 oder 45) unterscheidet. Die finanziellen Mittel einer Kita hängen also hauptsächlich von der Anzahl der Anmeldungen und den jeweiligen Stundenbuchungen ab:

Quelle: Anlage zu §19 KiBiz (https://recht.nrw.de).

Die folgende Abbildung verdeutlicht die Tatsache, dass die Kindspauschalen je nach Trägertyp (Kommune, Kirche, Freier Träger, Elterninitiative) zu unterschiedlichen Anteilen von Träger, Land und Jugendamt finanziert werden:

Quelle: Eigene Darstellung.

Die nicht-kommunalen Träger müssen zwischen 4 und 12% der Kosten selbst tragen, z. B. über andere Einkünfte (z. B. Kirchensteuern), über eine Erhöhung der betriebswirtschaftlichen Effizienz oder die Mitarbeit von Eltern. In Greven und vielen Gemeinden des Kreises Steinfurt werden jedoch die Eigenanteile der Träger von den Jugendämtern entweder vollständig (Elterninitiativen, Freie Träger) oder teilweise (Kirchen) übernommen. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind daher für alle Kindertageseinrichtungen in Greven (kirchlich, frei, Elterninitiativen) vergleichbar. Es hängt sehr stark von Trägern, Kita-Leitung und Personal als auch von den baulichen Gegebenheiten einer Kita ab, wie gut diese knappen Mittel auch tatsächlich eingesetzt werden können. Darüber hinaus existieren noch verschiedene Zuschüsse (z. B. Mietzuschuss, U3-Zuschuss, Verfügungspauschale, Familienzentrum, plusKITA, Sprachförderung etc.), aber ansonsten können zusätzliche Finanzmittel nur über Sponsoring oder Spenden (z. B. Gebäckverkauf, Flohmärkte etc.) erhalten werden.

Da Erziehung und Bildung in der Verantwortung der einzelnen Bundesländer liegen, hat jedes Bundesland unterschiedliche Gesetzgebungen zur Kita-Finanzierung. Die Bundesländer verfolgen jedoch ähnliche Ansätze der leistungsorientierten Finanzierung durch Pauschalen. Die finanziellen Mittel für die Kindertageseinrichtungen werden zu einem Großteil aus Steuermitteln der Kommunen und der Länder bereitgestellt. Dabei werden in manchen Bundesländern (z. B. Berlin, Rheinland-Pfalz) bzw. in vermögenden Städten und Gemeinden (z. B. Düsseldorf, Heilbronn) gar keine Elternbeiträge erhoben, in anderen müssen Eltern durch einkommensabhängige Beiträge die Aufwendungen der Jugendämter teilweise refinanzieren. Doch ist es gerecht, dass Elternbeiträge erhoben werden?

Elternbeiträge

Auf der Grundlage des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) können die Jugendämter in Nordrhein-Westfalen selbst die Höhe der Elternbeiträge bestimmen. Sie können z. B. auch festlegen, ob ein Geschwisterkind oder das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei ist. Auch in Greven tragen die Eltern durch ihre Elternbeiträge einen Teil der Kinderbetreuungskosten (weniger als 20% des kommunalen Anteils), und zwar gestaffelt nach Jahresbruttoeinkommen und Betreuungszeiten (s. Abbildung).

Quelle: Stadt Greven (greven.net)

Die Kosten für die Kinderbetreuung entstehen so oder so und müssen von irgendwem getragen werden. Die entscheidenden Fragen sind daher in der Regel:

  • Wie viel zahlt die Gesellschaft (= Steuermittel des Bundes, der Länder und der Kommunen)?
  • Wie viel zahlen die Eltern (= Elternbeiträge)?
  • Welche Eltern zahlen wie viel (= Beitragsstaffelung, Beitragsbefreiung, Höchstsatz) ?

Die Beantwortung dieser Fragen hat viel damit zu tun, was wir als gerecht bzw. ungerecht empfinden. Eine pauschale, kurze Antwort darauf gibt es nicht. Aber wir haben einmal ein paar typische Argumente gegenübergestellt, die in der Diskussion zum Thema Elternbeiträge angeführt werden:

Elternbeiträge: Pro und Contra
Gegen Elternbeiträge spricht... Für Elternbeiträge spricht...
Eltern sorgen durch ihren Nachwuchs dafür, dass auch zukünftig pflichtbewusste Menschen und Arbeitskräfte in Deutschland zur Verfügung stehen, die das Gemeinwesen und die sozialen Sicherungssysteme (z. B. Gesetzliche Rentenversicherung) tragen. In der heutigen Zeit werden Kinder längst nicht mehr für die eigene Altersvorsorge benötigt. Stattdessen sind Kinder nun Bestandteil eines persönlichen Lebensstils (Life-Style). Da ist es doch zumutbar, dass Eltern einkommensgerecht wenigstens einen kleinen Teil der Kosten mittragen.
Bildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, von jeder einzelne Mensch und die Gesellschaft profitiert. Sie sollte daher ausschließlich über Steuermittel finanziert werden. Was nichts kostet, hat in den Augen vieler Menschen keinen Wert und wird als selbstverständlich angenommen. Steuermittel sind anders als Elternbeiträge nicht zweckgebunden, können also auch schnell für andere Zwecke verwendet werden.
Schulen kosten doch auch nichts. Wenn Kindertageseinrichtungen auch eine Bildungseinrichtung sein sollen, dürfen die doch auch nichts kosten. Schulen kosten auch etwas, wenn man eine Übermittagbetreuung benötigt, z. B. Offener Ganztag (OGS). Daneben ist Bildung nur ein Teil des Zwecks von Kitas. Kitas sind gleichsam auch zur Erziehung und Betreuung von Kindern da, was keinesfalls eine ausschließlich staatliche Verantwortung ist.

Zum aktuellen Zeitpunkt sieht es so aus, dass wir im Kita-Bereich deutschlandweit einen großen Mangel an Fachkräften haben und der Beruf des/der ErzieherIn durch die anspruchsvollere Ausbildung finanziell noch attraktiver werden muss. Außerdem sind wir in Deutschland noch weit von den empfohlenen Betreuungsschlüsseln weg, die eine Kindertageseinrichtung eigentlich für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung benötigen würde. Man sollte über diese Punkte zumindest nachgedacht haben, bevor man dem Kita-Bereich vorschnell finanzielle Mittel in Form von Elternbeiträgen entzieht.